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Borreliose

Borreliose - oder "Der Feind vor meiner Haustür"?

Der Sommer ist eine Zeit, in der sich viele gerne draußen aufhalten und die Natur genießen, sei es beim Wandern, bei Spaziergängen im Wald oder auch der Pflege des eigenen Gartens.

Aber Sommerzeit ist auch Zeckenzeit!? - Dann werden Zecken richtig aktiv.

Und auch wenn diese Parasiten, die sich vom Blut anderer ernähren, sicherlich ihre Aufgabe im Ökosystem unserer Natur haben, sind sie alles andere als beliebt – und das aus gutem Grund.

Denn die häufigste durch Zecken auf den Menschen übertragene Erkrankung ist die Borreliose, die auch Lyme-Borreliose genannt wird, und eine sehr ernste Multisystemerkrankung darstellt.

Aber wer sind diese Tiere überhaupt, die als Überträger der Lyme-Borreliose zu fungieren?

Die Zecke – der gemeine Holzbock

Weltweit gibt es ca. 650 Zeckenarten und hierzulande ist der Gemeine Holzbock die wohl bekannteste und häufigste Art.

Zecken sind mit den Milben verwandt und sind ca. 1-4 mm lang. Haben sie auf ihrem Wirt eine Blutmahlzeit eingenommen, können sie durchaus linsen- bis kaffeebohnengroß werden.

Sie leben bevorzugt im feuchten, schattigen Gebüsch oder Gras. Das Sonnenlicht sowie große Kälte oder Hitze mögen sie nicht. Allerdings sind sie in der Lage, unter Wasser und in der Tiefkühltruhe zu überleben. Auch bedarf es schon Temperaturen von über 60°C, um diese Tieren unschädlich zu machen. Sie fallen auch nicht von oben auf ihre Opfer herab, sondern sie halten sich vielmehr im Gras oder an Sträuchern auf und lassen sich abstreifen, um anschließend an ihrem Wirt hinaufzuklettern, bis sie eine geeignete Stelle für ihren Stich finden. Sie können durchaus eine Höhe von ca. 1,50 m erklimmen. Auf ihre Beute aufmerksam werden diese kleinen Blutsauger mittels besonderer Wahrnehmungsorgane an ihren Beinen, mit denen sie Erschütterungen oder den Geruch z.B. der Menschen (Ausdünstungen wie Schweiß oder Atem) registrieren. Besonders gerne mögen sie Menschen mit Übersäuerung oder auch solche, die unter Stress stehen.

Sommerzeit ist Zeckenzeit? Leider führt der Klimawandel mit Erwärmung der Erdatmosphäre zwangsläufig dazu, dass sich die aktive Phase (Wirtssuche) der Zecken verlängert. Von Zecken übertragene Infektionen sind deshalb inzwischen sowohl im Spätherbst als auch bei milden Temperaturen im Winter möglich.

Wie können wir uns schützen?

Zunächst einmal ist es mir wichtig, dass durch die Darstellung der Borreliose nun niemand auf einen wunderschönen Waldspaziergang verzichtet. Versuchen Sie einfach aufmerksam zu sein. Lange, helle Kleidung ist empfehlenswert, Hosenbeine sollten in die Socken gesteckt werden, und suchen Sie Ihren Körper, nachdem Sie in der Natur waren, einfach auf Zecken ab.

Falls es dann doch einmal so ist, dass eine Zecke Sie gestochen hat, bewahren Sie die Ruhe und versuchen Sie, die Zecke mittels einer Zeckenzange oder -karte komplett zu entfernen, indem Sie sie nach oben heraus ziehen und nicht drehen.

Da nicht jede Zecke infiziert ist, sollten Sie die Einstichstelle in den nächsten Wochen beobachten. Falls sich ein roter Hof um die Einstichstelle bildet oder sich bei Ihnen ein grippaler Infekt mit Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber bemerkbar macht, suchen sie bitte sofort einen Arzt auf.

Der Weg der Borreliose zum Menschen

Aus den Eiern geschlüpft, finden sich zunächst sogenannte Zeckenlarven. Aus diesen reifen dann die Zeckennymphen heran, die sich später zu den erwachsenen, geschlechtsreifen Tieren entwickeln.

Die Eier einer Zecke und die daraus schlüpfenden, winzigen Larven, deren Größe weniger als einen Millimeter beträgt, können bereits mit Erregern infiziert sein, sofern die Mutterzecke selber infiziert war und diese auf ihre Brut übertragen hat.

Sowohl die Zeckenlarven wie auch die späteren Zeckennymphen befallen nun für eine Blutmahlzeit vor allem Mäuse oder andere Kleintiere, ggf. aber auch Menschen. Und genau hier sitzt der Erreger der Lyme-Borreliose – in kleinen Nagetieren.

Der Erreger der Lyme-Borreliose, die Borrelien, merken sofort, wenn eine Zeckenlarve an ihrem Wirt saugt. Dann wandern die Borrelien in Richtung Einstichstelle, um dort die Zeckenlarve oder -nymphe zu infizieren und sich in deren Darm niederzulassen.

Man geht davon aus, dass ca. 1 Prozent der Zeckenlarven und ca. 10 Prozent der Zeckennymphen infiziert sind. Die erwachsenen Zecken dagegen bringen es auf eine Verseuchung von bis zu 20 Prozent mit Borrelien und 1,5 Prozent mit dem FSME-Virus.

Eine erwachsene Zecke schließlich sticht bevorzugt den Menschen oder größere Tiere, um eine letzte Blutmahlzeit zu bekommen, die dann dazu dient, neue Eier zu produzieren.

Zunächst suchen die Zecken ihre Einstichstelle mit größter Sorgfalt aus - je mehr die Stelle durchblutet ist, desto besser ist sie für die Zwecke der Zecke geeignet.

Je länger die Zecke dann Zeit hat zu saugen, umso mehr Borrelien können auf den neuen Wirt übergehen. Der Befallene selber merkt vom Einstich nichts, da der Speichel der Zecke mit schmerz- und gerinnungshemmenden Substanzen versetzt ist.

Die Zecke kann eine Vielzahl von Erkrankungen übertragen, wie zum Beispiel das Rückfallfieber, die Babesiose oder das Fleckfieber. Die zwei wohl bekanntesten Erkrankungen, die durch Zecken weitergegeben werden, sind die FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) und die Lyme-Borreliose.

FSME

Bei der FSME handelt es sich um einen Virus, der zunächst grippeähnliche Symptome auslösen kann. Daraus entwickelt sich möglicherweise in einigen Fällen eine Hirnhautentzündung, die dann auf das Gehirn selber übergreifen kann. Gegen das FSME-Virus gibt es eine Impfung, die aber nur vor FSME aber nicht vor Borreliose schützt.

Lyme-Borreliose – der Erreger „Borrelia burgdorferi“

Bei dem Erreger der Lyme-Borreliose, der „Borrelia burgdorferi“, der seinen Namen nach dem Bakteriologen Willy Burgdorfer erhalten hat, handelt es sich um ein Bakterium, das mit dem Syphilis-Erreger verwandt ist. Borrelien sind wahre „Versteckungskünstler“. Sie lassen sich im Labor kaum anzüchten und daher auch nur schwer untersuchen. Auf ihren Zellwänden befindet sich eine schleimige Schicht von Oberflächenproteinen, welche sie vor den Angriffen unserer T-Zellen (bestimmte Zellgruppe unseres Immunsystems) schützt.

Ihre bevorzugten Aufenthaltsorte im Körper sind Knorpel, Narbengewebe, Nerven, Endothelzellen oder sogar die Augenflüssigkeit. Deswegen sind sie im Serum oft nicht nachweisbar.

Borrelien haben die Fähigkeit, sich an verschiedenste Umweltfaktoren anzupassen. So wechseln sie ihre Form, um bei Temperatur- oder pH-Wert-Schwankungen überleben zu können, und wenn sie mit Antibiotika bombardiert werden, geben sie ihre normale spiralförmige Form auf und bilden eine Kugel. Diese Veränderungen sind die perfekte Tarnung, um vor den Angriffen unseres Immunsystems sicher zu sein und in diesen Zuständen können sie so lange verharren, bis das Milieu um sie herum wieder für sie optimal ist.

Borrelien docken sowohl an Körperzellen wie auch an Abwehrzellen an und fressen Löcher in die Zellwände, um anschließend den Zellkern abzutöten. Die Hülle der körpereigenen Zelle nutzen sie anschließend als Schutzschild. Denn im Innern der befallenen Zelle kopieren sich die Borrelien selber und schicken Splitter von sich selbst, sogenannte Blebs, in den Organismus. Dadurch wird das Immunsystem derart durcheinander gebracht, dass es nicht mehr zwischen Gut und Böse unterscheiden kann. Wenn jedoch das Immunsystem den Erreger erkennt, kann es allerdings passieren, dass sich die Immunreaktion nicht nur gegen körperfremdes sondern auch gegen körpereigenes Gewebe richtet. In diesem Fall kommt es dann zu einer Autoimmunreaktion.

Allerdings werden einige Symptome einer Borreliose nicht ausschließlich durch den Erreger selber ausgelöst. Borrelien scheiden während ihrer Lebenszeit sogenannte Neurotoxine aus, die sich in den Geweben, z.B Nerven oder Gelenke, anreichern und dort zu Beschwerden führen können.

Lyme-Borreliose – der Verlauf und ihre Symptome

Die Lyme-Borreliose verläuft in mehreren Stadien. Es kann dabei von Stadium zu Stadium zu einer Verstärkung der schon vorhandenen Symptome kommen und/oder können weitere Bereiche des Körpers befallen werden, die dann zu neuen Symptomen führen.

Je früher jedoch eine Borreliose erkannt wird, desto höher sind die Heilungschancen.

Im 1. Stadium nach einem Zeckenstich kommt es, wenn der Erreger tatsächlich übertragen wurde, in 80% der Fälle innerhalb von Tagen bis Wochen zur sogenannten Wanderröte (Erythema chronicum migrans). Hierbei handelt es sich um eine Hautrötung rund um die Stichstelle, die langsam größer wird und einen Saum um die Stichstelle bildet. Hinzukommen können Kopf- und Gliederschmerzen wie bei einer Grippe, sowie Fieber.

Während des 2. Stadiums gelangen die Erreger nun innerhalb von Wochen bis Monaten ins Blut und erreichen so sämtliche Organe. Je nachdem, wo sie sich dann festsetzen, kann es zu den verschiedensten Symptomen kommen. Deswegen wird die Borreliose auch das Chamäleon unter den Erkrankungen genannt.

Das Bakterium befällt gerne die Nerven und Nervenwurzeln. Hierdurch kann es zu Lähmungen, brennenden Schmerzen und Gefühlsverlusten in den betroffenen Hautarealen kommen. Aber auch das Herz und die Gelenke sind häufig das Ziel des Erregers der Lyme-Borreliose, was zu Entzündungen des Herzens bis hin zum AV-Block (Leitungsstörung des Herzens) führen kann. Bei Kindern befallen die Borrelien sehr oft das Gehirn, wodurch es zu einer Neuroborreliose kommt, die sich u.a. in Hirnhautentzündungen, Lähmungen im Gesicht oder auch Missempfindungen äußert.

Das 3. Stadium bricht nach Monaten bis Jahren aus. Es können dann Symptome der sogenannten Lyme-Arthritis hinzukommen. Dabei handelt es sich um schubweise auftretende Entzündungen in den Gelenken, wobei bevorzugt die Knie betroffen sind. Es treten dann Schwellung, Rötung und Überwärmung auf, die sich unter Bewegung verstärken. Bei jeder Entzündung, die einen Schub auslöst, werden Gelenkstrukturen zerstört, wodurch das Gelenk zunehmend steifer und eingeschränkter wird.

Am Herzen können sich nun durch die permanenten Entzündungen signifikante Veränderungen des Herzschlages sowie Herzrhythmusstörungen ergeben. Patienten erleben dieses oft durch sogenanntes Herzstolpern oder eine geringe körperliche Belastbarkeit. Bei einer Schädigung des Gehirns, die auch schon im 2. Stadium auftreten kann, sind ein Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit, Lähmungen und Koordinationsstörungen möglich.

Eine seltene Spätfolge der Lyme-Borreliose ist die sogenannte Acrodermatitis (chronica atrophicans). Dabei handelt es sich um eine Hauterscheinung an den Extremitäten, bei der sich die Haut livide (bläulich) verfärbt und Schwellungen auftreten. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer sogenannten Zigarettenpapierhaut, die sich mit livider, fleckiger oder flächenhaften Verfärbung zeigt.

Wie wird eine sichere Diagnose gestellt?

In der sehr frühen Phase einer Borreliose kann sich die Diagnose möglicherweise zunächst eher auf die Beurteilung der klinischen Kriterien stützen, da eine Blutuntersuchung noch keine eindeutige Beurteilung erlaubt.

Dies liegt zum einen daran, dass die krankheitsspezifischen Antikörper erst bis zu acht Wochen nach der Infektion nachgewiesen werden können. Zum anderen muss man bedenken, dass es Erkrankungen mit symptomatischem Verlauf gibt, die sich aber im Blutbild nicht eindeutig beurteilen lassen.

Darüber hinaus kann ein positiver Nachweis von borrelienspezifischen Antikörpern nur zeigen, dass eine Infektion mit Borrelien stattgefunden hat. Es ist dadurch aber nicht festzustellen, wann die Infektion stattgefunden hat, ob die Infektion noch aktiv ist und ob der Erreger ggf. durch das Immunsystem oder eine erfolgreiche Therapie bereits vernichtet wurde.

Hinzu kommt, dass die serologischen Testmethoden auf Antikörper wegen des Variantenreichtums der Borrelien bis jetzt nicht ausreichend standardisiert wurden und die Beurteilung der Ergebnisse viel Erfahrung des durchführenden Labors erfordert.

Um diese möglichen Probleme zu minimieren, arbeite ich in meiner Praxis mit dem Lymphozytentransformationstest auf Borrelien (LTT-Borrelien). Dabei wird die zelluläre Immunantwort von im Blut zirkulierenden Lymphozyten auf Borrelienproteine nachgewiesen. Der Test fällt dann positiv aus, wenn borrelienspezifische T-Lymphozyten (spezielle Zellen unseres Immunsystems) im Blut des Patienten gefunden werden. Die Anwesenheit dieser T-Lymphozyten weist darauf hin, dass das Immunsystem zum Zeitpunkt der Blutabnahme in einer immunologischen Auseinandersetzung mit dem Erreger befindet.

Was kann man tun?

Erfolgt daraufhin eine effektive antibiotische Behandlung, wird der LTT-Borrelien ca. 4 bis 6 Wochen nach der Therapie erneut durchgeführt und überwiegend negativ ausfallen bzw. zumindest einen signifikanten Rückgang des Stimulationsquotienten (SI- Werte) zeigen. Das Ergebnis des LTT-Borrelien gibt damit dem Behandler einen Hinweis über die Effektivität der antibiotischen Therapie bei dem jeweiligen Patienten. An dieser Stelle möchte ich noch einmal besonders darauf hinweisen, dass die Gabe von Antibiotika ausschließlich in die Hände eines Arztes gehört.

Allerdings ist es bei der Behandlung einer Borreliose keinesfalls ausreichend, nur den Erreger zu bekämpfen. Borrelien scheiden nicht nur während ihrer Lebenszeit Neurotoxine aus. Im Verlauf der antibiotischen Behandlung einer Borreliose werden durch die untergehenden Borrelien ebenfalls Neurotoxine freigesetzt. Damit diese den Körper nicht noch zusätzlich belasten, begleite ich eine Antibiotika-Therapie indem ich bei meinen Patienten diese Toxine mit geeigneten Verfahren ausleite. Die Ausleitung der Neurotoxine kann auch im Falle einer bereits chronischen Borreliose als sinnvolle Behandlung in Frage kommen.

Darüber hinaus ist es von großer Wichtigkeit, das Immunsystem nach einer Behandlung mit Antibiotika wieder zu stärken. Hierzu stehen einige Laboruntersuchgen zu Verfügung, die die Schwachstellen des Immunsystems aufdecken und dabei helfen, eine gezielte Stabilisierung des Immunsystem durchzuführen.